Sagenhafter Sonntag

Von den Eisriesen

Einst zogen die Eisriesen in den Kampf gegen die Sonne. Denn sie liebten nur den Mond, die Nacht und die Dunkelheit. sie versuchten, die Sonne mit Feuer zu verbrennen. Doch sie wurde nur noch stärker. Zwölf Eisriesen überlebten diesen Krieg. Sie wohnen nun auf einer Insel im Eismeer bis ans Ende aller Tage und essen Meeräpfel, goldgelb und so süß wie nichts sonst auf der Welt. Schien der Mond früher auch bei Tage, so wurde er von der Sonne dazu verdammt nur noch bei Nacht zu leuchten. Seither ist auch der Mond der Eisriesen Feind. Und immer wieder schicken sie ihren Eiswolf zu ihm hinauf. In Gestalt eines zweiköpfigen Drachen steigt er aus dem Eismeer auf, versucht, den Mond zu verschlingen, so dass dieser ganz finster wird. Aber er kämpft sich immer wieder hervor. Der Drache speit Feuer und der Schnee glüht rot dort droben beim Eismeer.

Man könnte meinen, es handele sich bei diesen Eisriesen um Wesen aus der nordischen Sagenwelt. Doch tatsächlich haben sie hier in der Oberpfalz Eingang in die Märchen und Geschichten gefunden. Eine davon erzähl ich heute – als Abschied von Februar und damit ganz langsam auch von Winter und Schnee.

Die goldenen Äpfel

Es war eine Mutter, die war ganz allein mit ihren drei kleinen Töchtern und bitterarm. Sie wusste nicht, wie sie die hungrigen Mäuler satt bekommen sollte. Und eines Tages, da war sie so verzweifelt, dass sie ins Wasser gehen wollte.

Sie ging hinunter zum See. Dort wehte ein eiskalter Wind. Und plötzlich schienen sich Wellen und Wind zu Worten zu formen. „Geh nicht ins Wasser“, sprach eine Stimme. „Geh über die Berge und du wirst dein Glück finden.“ Und so kehrte die Frau dem Wasser den Rücken und nahm den Weg über die Berge.

Sie überstieg den höchsten Gipfel und als sie das Tal auf der anderen Seite erreicht hatte, kam sie an eine kleine Hütte. Vor der Hütte saß ein junger Mann. Die Frau merkte, wie müde und hungrig sie war. Sie bat den Mann, eine Weile bei ihm rasten zu dürfen. Der Mann gab ihr Brot zu essen und einen Becher mit Milch. Und als die Frau sich ausgeruht und gegessen hatte sprach er: „Kehre wieder um. Geh zu deinen Töchtern und du wirst dein Glück finden. Und wenn du es gefunden hast, dann denke meiner.“

So nahm die Frau den Weg zurück über die Berge. Doch sie verlief sich und fand sich am Eismeer wieder, das sommers wie winters gefroren ist. Auf dem gefrorenen Wasser saßen drei Riesen und spielten mit goldenen Äpfeln. Sie trugen goldene Hüte, die sie mit Hütchen aus Filz vor dem Eisregen schützten. Die Riesen waren ganz in ihr Spiel vertieft, als eine Windbö die Filzhütchen von ihren Köpfen riss. Doch die Frau fing die Hütchen ein und gab sie den Riesen. Da warf ihr jeder der drei einen Apfel zu. „Mach die goldenen Äpfel zu Geld und lebe ein glückliches Leben! Aber die silbernen Stielchen, die bewahre gut. Denn schlägst du zweimal mit den Stielchen auf Holz, wird dir jeder Wunsch erfüllt.“

Die Frau steckte die Äpfel ein. Sie konnte ihr Glück kaum fassen und fand nun endlich auch den Weg nach Hause. Sie tat, wie die Riesen geheißen. Sie verkaufte die goldenen Äpfel und lebte fortan mit ihren Kindern im Wohlstand. Die silbernen Stielchen verwahrte sie gut. Und sie erfüllten ihr jeden Wunsch. Doch als ihre Töchter älter waren, da nahm die Frau die silbernen Stielchen und machte sich mit den Mädchen auf den Weg über die Berge. Sie kamen ins Tal auf der anderen Seite des höchsten Gipfels. Dort stand noch immer die kleine Hütte und davor saß ein Mann. Das war der junge Mann von einst. Die Frau gab ihm die drei silbernen Stielchen als Dank. „Siehst du, ich habe dich nicht vergessen“, sprach sie. Dann machte sie sich mit ihren Töchtern auf den Weg zurück über die Berge. Doch sie verliefen sich und kamen ans Eismeer, wo die Eisriesen leben und wo das Wasser sommers wie winters gefroren ist. Da sah die Frau die drei Riesen. Sie spielten auf dem Eis mit goldenen Äpfeln. Als sie die Frau sahen, fragten sie: „Ist es dir wohl ergangen?“ „Ja“, antwortete die Frau. „Und hast du die Stielchen wohl verwahrt?“, fragten die Riesen. „Ich gab sie als Dank, dem Mann vor der Hütte im Tal auf der anderen Seite des höchsten Gipfels.“ „Das ist unser Bruder“, sprachen die Riesen. „Er ist ein wenig klein geraten, aber so soll es ihm auch wohl ergehen.“ Des Abends fand ein Tanz auf dem Eismeere statt. Dort tanzten die wunderbarsten Wesen. Meerfrauen und Windsbräute fanden sich ein. Und die Riesen forderten die Töchter der Frau zum Tanze auf. Das Mondlicht brachte das Eis zum Glitzern als sei es das kostbarste Kristall. Die tanzenden Paare drehten sich im Tanze und die Riesen verdrehten den Töchtern die Köpfe. Sie verliebten sich unsterblich und wollten nun für immer auf dem ewigen Eise leben. So wurde schon bald Hochzeit gehalten. Und die Frau besucht alle Jahre wieder ihre Töchter und Schwiegersöhne auf dem Eismeer. Doch ihre Enkel sind auch Riesen geworden und sie spielen mit goldenen Äpfel.

Was Disney kann, kann ich auch. Darum habe ich mir die Freiheit genommen, das Ende des Märchens abzuändern und verkaufte Mädchen durch altbackene Romantik zu ersetzen. Seht es mir nach, mir war heute so.

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